Eine der kleinen Anekdoten dieses Sommers sind die MacBooks für 49.95 EUR, die der OTTO-Versand in seinem Onlineshop hatte. Natürlich will er die 6534 Geräte, die bis zur Korrektur des Preises bestellt wurden, nicht ausliefern.

Allerdings gibt es da ein mögliches juristisches Problem.

Verträge kommen zustande durch ein Angebot und die Annahme des Angebotes. Die MacBooks im Onlineshop anzubieten ist kein solches Angebot, weil die Vertragspartner und die Liefermenge fehlen. Man nennt das juristisch eine invitation ad offerendum, eine Einladung, dem Händler ein Kaufangebot zu machen.

In der Sekunde, wo der Interessent die Ware per Internet bestellt, macht er ein Vertragsangebot, das der Händler annehmen kann (aber nicht muss).

Wann gilt es als angenommen? Die Interessenten haben alle eine automatisch versandte Bestellbestätigung erhalten. Sie (bzw. ihre Anwälte) sagen natürlich: Ich hab ein Vertragsangebot gemacht, OTTO hat es angenommen, also ist der Vertrag geschlossen. Pacta sund servanda, Verträge sind zu erfüllen.

OTTO steht auf dem Standpunkt, dass der Kaufvertrag erst mit der Lieferung der Ware beim Kunden angenommen wird.

Wann und in welcher Form die Annahme erfolgt ist im BGB nicht definiert. Da gilt in bestimmten Grenzen die Vertragsfreiheit, OTTO kann in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen also Vorgaben dazu machen, wann und wie das Versandhaus Vertragsangebote annimmt.

Werfen wir also einen Blick in die AGBen.

Eine genaue Definition von Form und Zeitpunkt der Annahme finden wir dort nicht, jedoch Klauseln, die uns weiterhelfen können.

1. Kauf auf Probe
Bei OTTO kaufen Sie auf Probe, d.h., Sie können gelieferte Ware ohne Angabe von Gründen innerhalb von 14 Tagen zurückgeben. Der Kaufvertrag/Kreditkaufvertrag wird nach Erhalt der Ware durch Ihre Billigung bindend, spätestens jedoch nach Ablauf dieser 14-tägigen Rückgabefrist.

Der Vertrag wird durch die Annahme der Waren durch den Kunden – abgesehen von der 14tägigen Rückgabemöglichkeit, die das BGB vorschreibt – bindend. Vor der Lieferung liegt was vor? Kein Vertrag oder ein Vertrag, der vom Kunden jederzeit widerrufen werden kann? Die Vorschriften aus Ziffer 3 über die Kosten bei Vertragsrücktritt beziehen sich auf den Rücktritt innerhalb der 14tägigen Frist nach dem BGB.

Bleibt also immernoch die Frage: Wann ist der Vertrag durch OTTO angenommen? Ein weiterer Hinweis findet sich hier:

6. Nicht lieferbare Artikel
Sollte ein bestimmter Artikel nicht lieferbar sein, verpflichten wir uns, Sie vor Annahme der Bestellung über die Nichtverfügbarkeit zu informieren. Wir behalten uns vor, Ihnen in diesen Fällen einen Ersatzartikel – preislich und qualitativ gleichwertig – zu übersenden. Wollen Sie diesen nicht annehmen oder behalten, können Sie ihn kostenfrei abweichend von Ziff. 1 und 2 innerhalb der gesetzlichen Gewährleistungsfrist an uns zurücksenden.

Bei nicht lieferbaren Artikeln wird der Kunde also vor Annahme der Bestellung darauf hingewiesen, dass der Artikel nicht lieferbar ist. Die Annahme der Bestellung ist also ein separater Akt, der nicht in der Lieferung bestehen kann. Denn wenn der Vertrag erst durch die Lieferung angenommen würde, wäre die Annahme des Vertrages bei nicht lieferbaren Artikeln faktisch unmöglich.

Eine klare Aussage, dass die automatisch zugesandte Bestellbestätigung nicht die Annahme des Vertrages ist, findet sich nicht. Vielmehr kann man Ziffer 1 so auslegen, dass der Vertrag, weil er erst durch die Lieferung durch die Billigung des Kunden verbindlich wird – folglich war er vorher unverbindlich (für den Kunden, der ihn ja noch billigen muss), wohl aber existent.

Gewisse Unklarheiten bestehen, aber Unklarheiten in AGBen gehen nach dem BGB zu Lasten des Verwenders. Also des OTTO-Versandes.

Sicher kenne ich den Inhalt der automatischen Bestellbestätigung nicht, aber typischerweise stehen Vorbehalte da ausdrücklich drin. Bei über 6000 verkauften MacBooks zu rund 1.500 EUR pro Stück würde OTTO beim richtigen Preis 9.000.000 EUR damit umsetzen. So hat – je nach Gewinnmarge pro Notebook – ein kleiner Tippfehler einen potenziellen Millionenschaden verursacht.

Dell hat seinen Onlineshop in Taiwan wegen zweier derartiger Fehler geschlossen, um Schäden vorzubeugen. Immerhin hat DELL bei – zugegeben: kleineren – Pannen im deutschen Onlineshop den Fehler schnell behoben und die Notebooks mit zu hohen Rabattierungen doch an die Kunden ausgeliefert.

Update:

Der Quelle-Versand wurde verurteilt, zu günstig ausgezeichnete TFT-Bildschirme zum günstigen Preis auszuliefern. Es passt nicht ganz zum Otto-Fall, aber das Gericht sagte über vollautomatische Bestellprozesse:

Dem vollautomatischen Prozess hätte Quelle „nicht handlungsunfähig, quasi gefesselt, zusehen“ müssen. „Briefe kann man aufhalten, bevor diese den eigenen Herrschaftsbereich verlassen. Eine Maschine wie einen Computer kann man ausschalten“, so die Richter.