Auch Angela Merkel würde sicherlich ein Flüchtlingsheim einmal besuchen. Sagte sie, unbestimmt formuliert. Nach den Ausschreitungen in Dresden, vor und im Zeltlager.

Es geht bei besorgten Bürgern Besserdeutschen grenzdebilen,  unempathischen Neidhammeln immer noch um, das Video von der Schlägerei, die angeblich unter Insassen des Flüchtlingsheimes in Dresden stattgefunden hat.

Angeblich, weil das bisher meines Wissens noch nicht bestätigt wurde. Aber es ist realistisch. Lesen wir mal in der Zeitung nach, unter welchen Bedingungen dort Menschen untergebracht wurden:

Bei weniger als 20 Dixi-Klos für 1.000 Menschen und ungewaschener Kleidung breiteten sich zu Beginn der Aufnahme virale Erkrankungen und Krätze aus.
Quelle: Die ZEIT, 8.8.2015

Da werden 1000 Menschen unterschiedlicher ethnischer Herkunft mitten in einer Stadt mit fünfstelligem Wohnungsleerstand in Zelten zusammengepfercht und haben weniger als 20 Dixiklos – das sind die Plumpsklos, die sogar auf der Kirmes längst durch Toilettenwagen mit Wasserspülung ersetzt wurden.

Unterschiedliche ethnische Herkunft bedeutet, dass AfrikanerInnen und AraberInnen im Zweifel im selben Zelt neben einander schlafen müssen. Ethnien, die in Afrika seit Jahrunderten im Krieg sind.  Man kann diese von den Behörden kleingeredete Situation nur als vorsätzliches Zündeln erklären – oder kolossale Unfähigkeit der Verantwortlichen.

Und vor dem Zeltlager stehen pöbelnde und schonmal Steine werfende Neonazis und ihre Sympathisanten und sorgen noch für unnötigen Funkenflug direkt neben einem Pulverfass.

Dazu kommt eine dreistellige Zahl an Brandanschlägen auf – zum Glück noch – unbewohnte Flüchtlingsunterkünfte, die in den aktuellen Ausschreitungen in Heidenau ihren Gipfel erreicht haben.

Was sagt Angela Merkel?

Ich werde sicherlich auch ein Flüchtlingsheim einmal besuchen.
Quelle: SPIEGEL Online am 18.8.2015

Das hinhaltende, aussitzende von Merkel, dass sie sicher auch ein Flüchtlingsheim einmal besuchen wird, gestelzt, unbestimmt, wann das sein wird, aber die Sicherheit, dass es ungefähr so realistisch sein wird, wie LeFloids Kanzlerinneninterview.

Ich will LeFloid nicht zu nah treten, die Chance, sie zu interviewen haben nur wenige und dass er sie hatte, zeigt, was er auf Youtube für eine Hausnummer ist. Aber man kann die Kanzlerin nicht aus der Resereve locken. Das haben schon zu viele versucht und das ist ihre Stärke.

Sie wird bestimmt dieses Jahr noch eine Flüchtlingsunterkunft besuchen, dachte ich noch vorige Woche.

Natürlich wird es kein Zeltlager in Dresden sein mit zu wenigen Toiletten, Waschräumen und Ärzten.

Natürlich wird es kein ehemaliges Hotel im Wald bei Stenden sein, das mit Hakenkreuzen beschmiert wurde und wo Security vor der Tür steht, um gestresste und zusammengepferchte Menschen vor einander und den Menschen aus dem Nachbardorf zu beschützen.

Menschen aus dem Nachbardorf, die sogar bei Fußballparolen gröhlenden nächtlichen Randalierern den Sachschaden am nächsten Morgen reflexartig den Flüchtlingen in die Schuhe schieben.

Natürlich wird es keine überfüllte Turnhalle in einer Großstadt sein mit weinenden Kindern, zerissenen Familien und fehlender Privatsphäre.

Irgendwas nettes, aufgeräumtes, wo die Vertriebenen in sauberen Einzelzimmern untergekommen sind.

Muss halt nur noch gebaut werden.

Dachte ich, wie gesagt, noch vorige Woche.

Inzwischen eskalierten die Ausschreitungen in Heidenau und selbst der Vizekanzler war vor Ort.

Über den Regierungssprecher ließ Angela Merkel verkünden:

Es ist abstoßend, wie Rechtsextreme und Neonazis versuchen, rund um eine Flüchtlingseinrichtung ihre dumpfe Hassbotschaft zu verbreiten.
Quelle: Frankfurter Rundschau, 24.8.2015

Hassbotschaften verbreitet mal also mit nicht angemeldeten nächtlichen Aufmärschen, bei denen man Pyrotechnik auf die Polizisten wirft? Frau Bundeskanzlerin, wir sind über die Hassbotschaften seit Monaten hinaus. Hassbotschaften, das war PEGIDA. Hassbotschaften und Lügen.

Das ist eine gefährliche Relativierung. Der MDR titelte bereits:

Rechtsradikale greifen erneut Polizisten in Heidenau an

Rechtsradikale verbreiten inzwischen keine Hassbotschaft mehr, nein, sie begehen konkrete Straftaten. Erneut, Frau Bundeskanzlerin. Das war gestern nicht die erste Auseinandersetzung dort.

Die Hälfte der Randalierer sind Rechtsradikale, die in der Facebook-Gemeinschaft „Heidenau hört zu“ von der NPD aufgerufen werden. Von genau der NPD, deren Verbot die Regierung von Bund und Ländern betreiben wollen.

Wie zitierte der SPIEGEL noch vorige die Kanzlerin?

Zuletzt sagte sie im ZDF-Sommerinterview unter anderem: Nötig sei „eine gemeinsame europäische Asylpolitik“. Man dürfe Flüchtlingen „keine falschen Hoffnungen machen“.

Wer einigermaßen mit offenen Augen durch die Welt geht, sieht, dass genau das die Forderungen der gemäßigteren „Asylkritiker“ sind. Forderungen, die weiter gedacht genau in die Richtung „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ gehen.

Und es ist beschämend, wie Bürger, sogar Familien mit Kindern, durch ihr Mitlaufen diesen Spuk unterstützen.

sagte Regierungssprecher Steffen Seibert im Namen der Kanzlerin.

Nein, Frau Merkel. Das ist nicht beschämend, das ist beängstigend.

Beschämend ist, dass Sie auch in diesem Fall keine klaren und der Situation angemessenen Worte haben.

Beschämend ist, dass sie wieder abwarten und inzwischen wie der sprichwörtliche Pudding nicht an die Wand zu nageln sind.

Beschämend ist ihr inhaltliches Schweigen.

Nein. Das ist nicht nur beschämend.

Das ist abstoßend.
 

 
B

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