Fast genau fünf Jahre ist es her, da hat Mario Sixtus die Website Wie haben keine Angst ins Leben gerufen. Es ging darum, die Angst vor terroristischen Anschlägen zu reflektieren und zu zeigen, dass man keine Angst haben muss.

Jedenfalls nicht vor dem Terror.

Es ist wieder so weit. Die Angst ist da, seit einer Woche, seit den Anschlägen von Paris. Ich habe immer noch keine Angst vor Terroristen. Damals schrieb ich auf Wir haben keine Angst:

Ich habe keine Angst vor Terroranschlägen, jedenfalls nicht mehr als vor dem Zahnarzt.
Angst habe ich vor Panikmache durch lobbygesteuerte Politiker.
Davor, dass künftig jeder vergessene Koffer zu gesperrten Bahnhöfen und anderen öffentlichen Gebäuden führt.
Dass unsere Freiheitsrechte eingeschränkt werden, um Terroristen das Leben schwer zu machen.
Dass Menschen durch Verbote sanktioniert werden, nur, weil Behörden sie ohne substanzielle Begründrung für “Gefährder” halten.
Dass gegen Menschen ermittelt wird, nur, weil sie sich anders kleiden als alle anderen, anders benehmen und andere Speisen essen.
Eine solche Unterdrückung, nur mit anderen abzuwehrenden Feinden, hatten wir schon in zwei Deutschen Staaten.
Und ich habe Angst, dass wir daraus nicht gelernt haben.

Wisst ihr was? Wir sind in fünf Jahren keinen Schritt weiter gekommen.

In Hannover wird nach Hinweisen auf eine Gefahr ein Fußballspiel abgesagt. Völlig in Ordnung, es gab keine Panik, alles ging einen geordneten Gang.

Und Innenminister de Maizère wird zum Meme, weil er es weder schafft, seine Klappe zu halten, noch, etwas anderes als das Falschestmögliche zu sagen.

Dann war in Hannover noch die „gut gemachte Bombenattrappe“, die sich als Karton mit Elektronikteilen entpuppt, von einem Ingenieur beim Umsteigen vergessen.

Ein herrenloser Koffer in Bonn führt zu Sperrungen am Bahnhof und danach zu Ermittlungen gegen einen mutmaßlich kofferlosen Herren wegen „Androhens von Straftaten“.

"Gut gemachte Bombenattrappe" (Symbolbild)

„Gut gemachte Bombenattrappe“ (Symbolbild)

Kommt bitte wieder auf den Teppich. Nicht jeder Mensch mit Hoodie und Kabeln in der Tasche ist Terrorist. Die meisten spielen Menschen mit Hoodie und Kabeln, die aus den Klamotten ragen, spielen vermutlich Ingress.

Koffer vergisst man schonmal. Kartons und Handtaschen auch.

Frauen mit Burka verstecken keine Bombengürtel unter dem Gewand. Sie sind so schon viel zu auffällig. Dass in Moscheen nicht auf deutsch gebetet wird ist weitaus weniger irritierend, wenn man überlegt, wieviel Latein katholische Geistliche während der Messe reden.

Flüchtlingunterkünfte sind keine Keimzelle von Terror, Gewalt oder Kriminalität. Wenn Flüchtlinge sich in den Unterkünften prügeln, dann aus ernsten Gründen, wegen der Überbelegung und Unterversorgung zum Beispiel, und nicht wegen einer Küchenmaschine.

Und es hilft nicht, mehr Wachen und mehr Polizei in die Unterkunft zu schicken und Flüchtlingen Freiheiten zu nehmen, sondern es müssen mehr Unterkünfte geschaffen werden.

Angst ist genau das, was die Terroristen wollen. Sie wollen, dass wir Angst haben vor ihnen, vor allen Fremden, dass wir einen Graben zwischen uns im Westen und dem Rest der Welt graben.

Weil es ihnen Recht geben würde, dass Moslems nur in islamischen Staaten glücklich werden können. Weil das Kalifat dadurch Macht gewänne.

Weil wir, wenn wir jetzt die Angst bekommen, die wir in den Augen von Daesh bekommen sollen, dafür sorgen, dass sie am Ende berechtigt sein wird. Weil die Welt gespalten ist zwischen Moslems und Nichtmoslems.

Die Situation hatten wir schonmal. Die Welt war gespalten zwischen Kommunisten und Nichtkommunisten. Das warkeine gute Zeit. Es wurde schöner und angstfreier, als die Spaltung endete.

Es ist Zeit, sich zu bekennen, keine Angst zu haben, damit wir keine Angst haben müssen.


Die „gut gemachte Bombenattrape“ auf dem Foto ist übrigens 30 Jahre alt und mein erstes, damals noch selbst gebautes Modem.

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