Nachdem Google seinen +1-Empfehlungsdienst schon einige Zeit anbietet, ging letzten Mittwoch dann Google+ ans Netz. Ziemlich alle „üblichen Verdächtigen“ haben sich zu G+ geäußert und ich meine, jeder von ihnen hat auf seine Art überwiegend Recht.
G+ sieht auf den ersten Blick wie Facebook aus und ist auch in erster Linie Konkurrent für Facebook – aber auch andere soziale Netzwerke werden wahrscheinlich nicht zu knapp Nutzer verlieren. Der große Unterschied zu Facebook ist die Asynchronizität der Beziehungen, die Mischung aus dem Folgen bei Twitter und dem Befreunden bei Facebook (und in allen anderen einschlägigen Communities und Social Networks). Marcel Wichmann (@uarrr) hat das schon sehr früh auf den Punkt gebracht. Meiner Meinung nach stellt Facebook sowieso nur das Soziale Netz auf dem Schulhof nach: Ein geschlossenes System, in dem man Freunde hat, was immer synchron ist. Willst Du mein Freund sein, ich aber nicht Deiner: Pech. So auch bei Facebook.
Mario Sixtus hat diese Asymmetrie der Beziehungen nochmal vertieft und meint:

FB und G+ sind nach grundsätzlich unterschiedlichen Philosophien konstruiert: Die Fressenkladde versucht die Kohlenstoffwelt abzubilden, Plus ist aus der Kultur des Web gewachsen.

Da liegt er – glaube ich – falsch. Wie gesagt: Facebook bildet einen Schulhof nach. Spätestens, als sich der erste mehr oder weniger Prominente bei Facebook angemeldet hatte, wurde es schwierig.
Lady Gaga hat auf Twitter im Moment über 11 Millionen Follower. Sie selber folgt zwar auch den Updates phänomenaler rund 150.000 Twitterer, aber halt nicht allen.
Auf Facebook ginge das nicht: Wollte sie dort 11 Millionen Fans die Chance geben, ihre Statusmeldungen und Updates zu lesen, würden ihre Pinwand alleine von 11 Millionen Glücksnüssen gesprengt.
Facebook hat das mit den (Business-)Pages gelöst, was aber einen Bruch darstellt. Lady Gaga ist immer dieselbe Person, derselbe Mensch, müsste aber zwei Identitäten führen: Eine „offizielle“ und eine private.
Dabei sind Freundes- und Bekanntenkreise sehr viel komplexer, als Facebook es abbildet. Die Gruppen, in die man Freunde inzwischen einsortieren kann, sind da nur eine Krücke.
Sehr viel flexibler ist Google+ mit dem Kreise-Konzept. Wenn ich die Updates einer Person lesen möchte, ordnet ich sie einem Kreis zu. Ich sehe dann zunächst alle öffentlichen Updates dieser Person. Anders als bei Facebook haben diese öffentlichen Updates eine blogähnliche Nutzungsmöglichkeit: Sie sind als Stream oder per Permalink für jeden lesbar, der im Internet surft.
Man muss aber nicht an „alle“ schreiben, sondern kann seine Updates auch an die definierten Kreise (einen oder mehrere) schicken. Die Personen aus den Kreisen, die mich auch in einen Kreis aufgenommen haben, bekommen die Updates dann im Stream angezeigt.
Daher wird Google+ womöglich auch professionellen Netzwerken wie BusinessVZ XING und LinkedIn Benutzer abwerben (und bezogen auf den massiven Qualitätsabfall bei XING in den letzten 1-2 Jahren dort wohl nicht zu knapp).

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