Was ist eigentlich der Grund, aus dem Udo Pollmer so bekannt ist und so viele Anhänger hat? Liegt es daran, dass er schönredet, was in der Ernährung des 21. Jahrhunderts schief läuft?

Pollmer ist nicht nur ein Feind des Vegetarismus. Und offenbar Feind jeglicher Form von Ernährung, die nicht aus Schnitzeln mit Klößen besteht.

Er schüttet auch regelmäßig Wasser auf die Mühlen derjenigen, die nicht nur (sinnvollerweise) für Fat Acceptance kämpfen, sondern direkt einen BMI jenseits der 25 als normativ setzen wollen.

Natürlich ist der BMI keine magische Grenze. Wer nach der entsprechenden Formel zwischen den Werten 19 und 25 liegt hat statistisch gesehen geringere Risiken, an einer Vielzahl von Krankheiten zu erkranken.

Die Idee eines einheitlichen BMI als Maßstab von „Übergewicht“ ist angesichts der unterschiedlichen Konstitutionen abstrus. Aber wenn man’s oft genug nachbetet, wird der Unsinn zur Gewohnheit, und keiner merkt’s. (Pollmer im SPIEGEL)

Wer viel trainiert und viele Muskeln hat, der wird natürlich bei gleichem Körperfettanteil mehr wiegen als jemand, der nie im Leben Sport getrieben hat. Muskeln wiegen halt dreimal so viel wie Fett.

Aber hey: Bei mir mit 1,85m Körpergröße bedeutet ein BMI zwischen 19 und 25 einen Korridor von 65 bis 85 Kilogramm. Da ist, glaube ich, für alle Abweichungen der Statur ausreichend Platz.

Und wer wie Arnold Schwarzenegger in seiner besten Zeit aussieht darf dann halt auch 95 Kilo wiegen. Jede Statistik lebt von und mit ihren Abweichungen.

Pollmer versteht hier den BMI, wie ich glaube, bewusst falsch als absolute Leitplanke. Tatsächlich sind die Ober- und Untergrenze nicht aus den Fingern gesogen, sondern anhand von Studien definiert. Studien, die halt ein signifikantes Ansteigen von Krankheiten belegen, wenn man diesen Korridor verlässt.

Natürlich kann man bei jeder Studie ein Haar in der Suppe finden, aber die ganze Studie deshalb pauschal als nicht evident zu bezeichnen, das geht dann doch etwas weit.

Jetzt hat die WHO in einer Metastudie über 800 Studien zum Thema „Fleischverzehr und Krebs“ ausgewertet. Die Pressemeldung mit einem um 18% erhöhten Krebsrisiko war, zugegeben, etwas übertrieben alarmistisch und kontraproduktiv, wie Lars Fischer belegt:

Kurz überschlägig eine Beispielrechnung. In den USA ist das Risiko, im Laufe eines Lebens an Darmkrebs zu erkranken, etwa 4,5 Prozent. 18 Prozent davon sind 0,9 Prozent Risiko, die man durch Verzicht auf jene 50 Gramm Fleisch einspart. Nur: Über 40 Prozent der US-Amerikaner bekommen in ihrem Leben Krebs, knapp ein Viertel stirbt daran. Das heißt, in der Gesamtschau reden wir über ein Vierzigstel des gesamten Krebsrisikos und sogar einen etwas kleineren Anteil des Sterberisikos.

Aber dann kommt Udo Pollmer daher.  In der Sonntagszeitung wird er zu der Studie zitiert:

Zeigen Sie mir die Studie, auf die sich die WHO stützt! Die gibt es gar nicht. Der Forschungsbericht ist nicht veröffentlicht worden.

Da hab ich dann aufgehört, den Mist zu lesen. Weil: Eine Google-Suche mit den Suchbegriffen „who studie krebs fleisch“ liefert als zweiten Treffer einen Link auf die Stiftung Warentest.

Dort findet sich ein Link auf die Pressemeldung der der IARC (der WHO-Krebsforschungs-Sparte) mit (Überraschung) Links zur Studie („Monographie“) und zum FAQ der Studie.

Suchaufwand per Google: 45 Sekunden.

Also: Fleischverzehr erhöht das Krebsrisiko. Ein Bisschen, aber wer beispielsweise familiär mit einem Darmkrebsrisiko belastet ist, für den ist das vielleicht relevanter als für Pollmer.

Und zu den Themen Übergewicht und Diät wollte ich auch nochmal ausführlicher bloggen.

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